Auf die Welt rollt eine globale Katastrophe zu – und trotzdem passiert in den Schlüsselpositionen einfach zu wenig. Kein Wunder also, dass der Klimawandel auch psychische Spuren hinterlässt: zum Beispiel Hilflosigkeit oder Wut. Warum „Klimaangst“ dennoch gute Seiten hat und wie du sie linderst – das alles erfährst du hier.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Klimaangst überhaupt?
Gletscher schmelzen, Wälder brennen und im Vergleich zu Menschen, die 1960 geboren sind, haben heutige Sechsjährige das dreifache Risiko, Katastrophen wie Ernteausfälle, Dürren oder Überschwemmungen zu erleben.
Wenn du dir angesichts dieser Entwicklungen Sorgen um deine Zukunft und die Zukunft unseres Planeten machst; vielleicht sogar Schuld, Wut, Traurigkeit und Machtlosigkeit empfindest – dann spricht man von „Klimaangst“: einem relativ neuen Phänomen, über dessen Verbreitung bisher Informationen fehlen.
Wichtig: Psycholog*innen sehen den Begriff kritisch, weil es sich um eine natürliche Reaktion auf eine wahrgenommene Bedrohung handelt – und keine Krankheit.
Außerdem könnte eine inflationäre Verwendung die Klimakrise individualisieren. Rückt eine zu überwindende Angst in den Fokus der Bemühungen, werden Maßnahmen gegen den Klimawandel ggf. zur Nebensache. Umso wichtiger: der differenzierte Umgang mit dem Begriff „Klimaangst“.
Warum Klimaangst auch gute Seiten hat
Was auf den ersten Blick psychiatrisch klingt, ist es nicht. Nur, wenn ein starker Leidensdruck das Funktionieren im Alltag erschwert – die Sorgen und Furcht also überhandnehmen – wird es gesundheitlich bedenklich. Wie du in einem solchen Fall mit deinen Emotionen umgehen kannst, verraten wir dir später.
Jetzt soll es erstmal um etwas anderes gehen – „Klimaangst“ kann nämlich auch eine gute Sache sein. Und zwar dann, wenn sie uns die Kraft schenkt, einzugreifen und Veränderungen zu bewirken. Kurz: Sie motiviert uns zum Engagement gegen den Klimawandel.
Ein gutes Beispiel hierfür ist Fridays for Future. 2018 aber sich Kinder und Jugendliche zusammengeschlossen, um gemeinsam für den Klimaschutz einzutreten – und zwar überaus wirkungsvoll: Sie sind es, die den Stein ins Rollen gebracht haben.
Wenn die Sorgen überhandnehmen – das kannst du gegen Klimaangst tun
Trotzdem: Selbst wenn „Klimaangst“ keine Erkrankung ist – sie kann belasten. Vor allem Menschen, die sich häufig mit den wissenschaftlichen Hintergründen der Klimakatastrophe beschäftigen, sind betroffen.
Anders als bei der Begegnung mit einem Löwen handelt es sich bei Klimaangst um keine akute Bedrohung, die sich durch Kampf oder Flucht lösen ließe. Die Anspannung ist deswegen nicht auf kurze Momente begrenzt, sie legt sich vielmehr wie ein Schleier über den Alltag und bleibt langfristig bestehen.
Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, mit der Wut und Traurigkeit umzugehen und auch das Ohnmachtsgefühl zu lindern. Ganz besonders zu Herzen nehmen solltest du dir diese, wenn du folgende Beschwerden verspürst:
- innere Leere
- sozialen Rückzug
- Interessensverlust
- anhaltende, lähmende Traurigkeit
- Müdigkeit und konstante Erschöpfung
- Mutlosigkeit
Engagiere dich gegen den Klimawandel – am besten mit Freunden & Gleichgesinnten
Das wirkungsvollste Ventil gegen Hilflosigkeit: die Sache anpacken! Schnapp dir deine Freunde und geht zur nächsten Demo, tritt einer Ortsgruppe bei oder organisiere eigene Veranstaltungen. Im sozialen Rahmen erfährst du Rückhalt und verbindest dich mit Gleichgesinnten, die deine Gefühle nachvollziehen können.
Tipp: Vertrau auf deine Stärken. Du kommunizierst gut und gerne? Vielleicht kannst du die Pressearbeit bei deiner FFF-Ortsgruppe übernehmen. Du liebst es, Webseiten zu gestalten? Toll, es gibt bestimmt Umwelt-NGOs, die sich über eine neue Internetpräsenz freuen.
Auch wichtig: Du kannst „nur“ dein Bestes geben – wenn du versuchst, an allen Ecken mitzumischen, wird dich dieses Vorhaben mehr Kraft kosten, als du besitzt.
Stärke deine Resilienz
Wahrscheinlich kennst du einen dieser Menschen, an denen alles abperlt: Egal, ob Schicksalsschläge oder Stress; nichts scheint ihnen etwas anhaben zu können. Was wie ein unsichtbares Schutzschild wirkt, ist in Wirklichkeit eine starke Resilienz.
Wer sie hat, bewältigt Krisen, ohne seelischen Schaden davonzutragen. Es lohnt sich also auch jenseits von Klimaangst, deine Widerstandsfähigkeit zu stärken.
Zum Beispiel, indem du an deinem Selbstbewusstsein feilst – so vermeidest du (zumindest in Alltagssituationen), in die Opferrolle zu schlittern. Bezogen auf Klimaangst schenkt dir ein starkes Selbstbewusstsein Energie und die kannst du für dein Engagement gut gebrauchen (oder um die gegenwärtige Situation einfach zu verkraften).
Lernst du außerdem, deine Emotionen zu analysieren und zu steuern, hat deine Gefühlswelt keine Chance mehr, dich zu überrumpeln und dunkle Ohnmacht zurückzulassen. Darüber hinaus hält der Neurowissenschaftler Raffael Kalisch Optimismus für eine Schlüsseleigenschaft resilienter Menschen.
Sprich über deine Sorgen
Tausche dich mit Freunden oder der Familie über deine Sorgen und Gedanken aus – schon dieser Schritt kann eine enorme Wirkung entfalten. Als besonders wertvoll wird meistens der Austausch mit Gleichgesinnten empfunden.
Andere Klimaaktivisten verstehen, wie es dir geht und haben vielleicht sogar Tipps, wie du mit deiner Klimaangst umgehen kannst. Sollte in deinem Umfeld niemand die gleichen Interessen hegen, tut auch der Austausch über Facebookgruppen und weitere Online-Angebote gut.
Verliere dein Leben nicht aus dem Blick
Angst und Wut sind starke Gefühle – so stark, dass sie manchmal unseren gesamten Alltag auffressen. Wenn du dich fast ausschließlich mit dem Klimawandel beschäftigst und deine Gedanken ständig um seine Folgen kreisen, ist wahrscheinlich die Balance in deinem Leben verloren gegangen.
Hol’ sie dir zurück und du wirst schon bald merken, wie die negativen Emotionen an Intensität verlieren.
Heißt: Gönne dir genug Auszeiten – zum Beispiel, indem du nach 15 Uhr keine Klima-Nachrichten konsumierst, regelmäßig zum Sport gehst, dich um andere Interessen und Hobbys kümmerst und für Entspannung sorgst. Auf diese Weise tankst du Kraft und behältst dein Leben im Blick.
Erwäge, dir professionelle Hilfe zu suchen
Wie gesagt – Klimaangst ist keine Krankheit. Trotzdem passiert es, dass Menschen mit der Wut, Ohnmacht oder Traurigkeit, welche diese hochspült, nicht umgehen können. Dann kann sich eine pathologische Angststörung entwickeln.
Bitte zögere nicht, dir Hilfe zu suchen, wenn die Emotionen deinen Alltag so stark beeinträchtigen, dass du keine Freude mehr empfindest oder es dir schwerfällt, deinen Aufgaben nachzugehen. Psychologists for Future rät in diesem Fall, eine Auszeit vom Klimaengagement zu nehmen und sich darauf zu konzentrieren, neue Kraft zu sammeln.
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