Bio-Lebensmittel sollen nachhaltiger sein und auch deiner Gesundheit gut tun – aber stimmt das wirklich? Um das herauszufinden, nehmen wir im Duell „Bio vs. Konventionell“ verschiedene Aspekte unter die Lupe: Wer bis zum Ende liest, weiß endlich, ob er unnötig draufzahlt oder tatsächlich etwas verändert.
Inhaltsverzeichnis
Klima
Klar ist: Tierische Produkte stoßen mehr Treibhausgase aus als Mais, Kartoffeln und Weizen. Allerdings spielt auch die Art des Anbaus eine wichtige Rolle – hier entscheiden vor allem drei Dinge darüber, wie hoch der CO2-Abdruck unserer Lebensmittel letztendlich ist.
Dünger: Die Produktion von chemisch-synthetischen Pestiziden und mineralischen Düngemitteln verschlingt große Mengen Energie – und gibt Lachgas in die Atmosphäre: Ein Treibhausgas, das unserem Klima 300-mal mehr schadet als Kohlendioxid.
Tiere: Je mehr Kühe auf einem Hof leben, desto mehr Methan gelangt in die Umwelt. Zur Erinnerung: Das Gas ist 25-mal schädlicher als CO2. Darüber hinaus spielt das Futter eine wichtige Rolle – landet Grünzeug aus eigener bzw. regionaler Produktion in den Trögen oder Sojabohnen aus Übersee?
Boden: Ein gesunder und humusreicher Boden speichert sehr viel Kohlenstoff. Wird dieser – zum Beispiel durch Pflanzenschutzmittel oder eine ruppige Bearbeitung – freigesetzt, befeuert das zum einen den Klimawandel und senkt zum anderen die Fruchtbarkeit des Feldes.
Wahrscheinlich ahnst du es schon. Im Klimaschutz haben Bio-Bauern die Nase vorne. Schließlich verzichten sie auf chemische Pestizide und mineralische Düngemittel (macht 24 % weniger Lachgas), regulieren die Viehhaltung und setzen auf regionales Futter, während bei konventionell gehaltenen Kühen 30 % Kraftfutter von anderen Kontinenten im Trog landet.
15 bis 20 Prozent weniger Treibhausgase – das ist die Bilanz von Öko-Bauern. Darüber hinaus speichern nachhaltig bewirtschaftete Felder rund 10 % mehr Kohlenstoff.
So kommt es, dass ein Bio-Brot 433 Gramm statt 579 Gramm CO2-Äquivalente ausstößt (25,2 % weniger) oder ein Kilo Bio-Zwiebeln 139 Gramm statt 161 Gramm (13,7 % weniger): Klingt auf dem ersten Blick nach geringen Ersparnissen, läppert sich aber über die Jahre hinweg.
Böden & Wasser
Nur gesunde Böden bleiben langfristig fruchtbar. Trotzdem werden in der konventionellen Landwirtschaft große Mengen Dünger und Gülle aufgetragen. Die Folgen: Zu viel schädliches Nitrat im Acker, das auch in unser Grund- sowie Oberflächenwasser gelangt und hier zu einem Gesundheitsproblem wird.
Weil der Öko-Landbau auf mineralischen Dünger verzichtet, sind seine Böden 28 % ärmer an Stickstoff. Zusätzlich schont die reduzierte Tierhaltung das Feld. Auf Bio-Höfen dürfen nämlich nur so viele Rinder leben, dass deren Gülle den Nährstoffbedarf der Pflanzen des Betriebes deckt – Überschüsse sind verboten.
Biodiversität
Auf konventionell betriebenen Feldern wachsen meistens Monokulturen – hier wird zum Beispiel Jahr für Jahr nur Weizen angebaut. Weil die Pflanzen dem Boden fortwährend die gleichen Nährstoffe entziehen, schaden sie ihm mit der Zeit.
Darüber hinaus bedrohen chemische Pestizide die ohnehin geringe Artenvielfalt auf konventionellen Äckern: Studien zufolge tragen diese maßgeblich zu einem starken Rückgang von Feldvögeln, Hummeln, Wildbienen und Amphibien bei. Auf Biofeldern hingegen haben Expert*innen rund 35 % mehr Feldvögel, 23 % mehr blütenbestäubende Insekten und 86 % mehr Pflanzenarten gefunden – die Gründe dafür sind offensichtlich: Weniger Dünger und keine synthetischen Pflanzenschutzmittel.
Ein „Aber“ gibt es trotzdem. Denn auch Kupfer (eingesetzt als Biopestizid) kann Schaden anrichten. Zu viel davon reichert sich im Boden an, beeinträchtigt seine Fruchtbarkeit und die in ihm lebenden Mikroorganismen (zum Beispiel Regenwürmer). Um das zu verhindern, schreiben Bio-Siegel Kupferhöchstgrenzen vor. Meistens liegt dieser Wert bei 3 Kilo pro Hektar und Jahr, das EU Biolabel erlaubt 6 Kilo pro Hektar und Jahr.
Zusätzlich arbeiten Bio-Bauern mit weiteren Methoden: Sie bauen Jahr für Jahr unterschiedliche Pflanzen an (Fruchtwechsel), setzen auf robuste Sorten und arbeiten mit Nützlingen, die Schädlinge 100 % natürlich vertreiben.
Zwischenfazit: 1 zu 0 für Bio-Lebensmittel
Weniger Treibhausgase und tendenziell mehr Bio-Diversität – definitiv keine Augenwischerei: Öko-Lebensmittel schonen unseren Planeten wirklich. Um diese Pluspunkte mitzunehmen, solltest du jedoch auf regionale Produkte Wert legen. Müssen die Kartoffeln aus Übersee eingeflogen werden (ja, das gibt es tatsächlich!), ist zumindest der Klimavorteil schnell dahin.
Tierwohl
Fleisch von Bio-Höfen soll aus artgerechter Produktion stammen, heißt es oft. Aber stimmt das wirklich? Ein Platzvergleich liefert erste Hinweise:
Konventionell | Bio | |
Mastschwein | 0,75 m², kein Auslauf vorgeschrieben | 1,3 m² + 1 m² Auslauf im Freien |
Hühner | 0,11 m² – 4 m² Auslauf (in Freilandhaltung) | 0,16 m² – 4 m² Auslauf |
Rinder bis 350 kg | 2,0 m², kein Auslauf vorgeschrieben | 4 m² + 3 m² Auslauf |
Es zeigt sich schnell: Ja, den Tieren steht etwas mehr Platz und Auslauf zur Verfügung – und doch ist es nicht genug. Die weitreichenden grünen Wiesen auf der Milchverpackung haben mit der Realität meistens wenig zu tun.
Also lieber wieder billiges konventionelles Fleisch kaufen?
Bitte nicht! Bei Stall- und Auslauffläche ist zwar viel Luft nach oben. Trotzdem gilt hier der Grundsatz „besser als nichts“. Und: Bio-Siegel verbieten schmerzhafte Prozedere wie das Abkneifen von Zähnen, Stutzen von Schnäbeln oder das Kupieren von Schwänzen. Jedenfalls meistens, Bio-Höfe dürfen Anträge für Ausnahmegenehmigungen stellen. Immerhin: Was bei konventionellen Betrieben die Regel ist, wird hier zum Einzelfall.
Zwischenfazit: Besser, aber nicht ausreichend
Egal, ob vom Bio-Hof oder aus einem konventionellen Betrieb: Die Tierhaltung bleibt problematisch – deswegen möchten wir hier keinen Punkt verteilen und dich stattdessen ermuntern, häufiger pflanzliche Alternativen wie Hülsenfrüchte, Haferdrink oder Sojajoghurt auf den Speiseplan zu schreiben.
Und wenn du Lust auf ein Glas Kuhmilch hast? Ja, dann ist Bio die bessere Wahl, doch bedenke: Dass die Öko-Haltung alle Probleme löst, stimmt leider nicht.
Gesundheit
Bio-Lebensmittel sind gesünder – behaupten allerlei Artikel. Einerseits stimmt das zwar, andererseits jedoch nicht.
Egal, ob deine Kartoffeln vom Ökofeld kommen oder auf konventionellen Äckern gedeihen, ihr Nährstoffgehalt unterscheidet sich kaum. Ähnlich sieht es bei tierischen Produkten aus: Weil in den Trögen mehr Grünfutter landet, deckt ein halber Liter Bio-Vollmilch ca. 16 % deines Tagesbedarfs an ungesättigten Fettsäuren, bei konventioneller Milch sind es etwa 11 %.
Heißt: Auf den ersten Blick scheint es deinem Körper egal zu sein, ob du dich biologisch ernährst oder nicht. Schaust du genauer hin, vergeht dir vielleicht trotzdem der Appetit.
Manche Pestizide werden kurz vor der Ernte gesprüht oder ihre Wirkstoffe halten besonders lange – wenn du konventionelle Kost bevorzugst, landen also Rückstände auf deinem Teller. Bis zu gewissen Grenzen erlaubt das Gesetz sie.
Weil der Biolandbau auf chemische Pestizide verzichtet, sind die Lebensmittel frei von Rückständen. Eine Ausnahme bildet Kupfer. Dieses reichert sich lediglich im Boden an und gelangt nicht in die Frucht.
Zwischenfazit: 2 zu 0 für Bio-Lebensmittel
Auf konventionellem Obst und Gemüse dürfen Pestizide nur im reglementierten Maß zurückbleiben. Aber: Auf den Lebensmittel können vielen unterschiedliche Pflanzenschutzmittel haften – sie mögen alle unter den zulässigen Grenzwerten liegen und doch gibt es keine Untersuchungen, wie sich ein solcher Cocktail auf deine Gesundheit auswirkt.
Darüber hinaus werden Pestizide für Bauern und Bewohnern in der Nähe der bespritzten Felder zur Gefahr. Vor allem dort, wo keine ausreichende Schutzkleidung zur Verfügung steht.
Zusammengefasst: Bio kann besser sein – muss es aber nicht
Wenn du deiner Gesundheit und der Umwelt etwas Gutes tun möchtest, ist Bio tendenziell die bessere Wahl. Tendenziell – denn auch der Ökolandbau hat seine Schwierigkeiten:
Importe: Kommen die Lebensmittel aus anderen Ländern, verpuffen die Klimavorteile schnell. Hier kann es sogar sinnvoller sein, auf deutsche konventionelle Tomaten auszuweichen.
Tierprodukte: Bio-Fleisch oder Bio-Milch lösen keine grundlegenden Probleme – tierische Produkte belasten weiterhin das Klima und auch das Tierwohl bleibt auf der Strecke.
Bio-Siegel: Manche Bio-Label sind strenger als andere. Sie unterscheiden sich unter anderem bei Kupfergrenzwerten, der Länge von Tiertransporten oder den zugelassenen schmerzhaften Praktiken.
Unser Tipp: Entscheide dich – wann immer möglich – für andere Label und gehe dem EU-Biosiegel lieber aus dem Weg. Bevorzugst du zudem Rezepte aus regionalen und saisonalen Zutaten und versuchst du, weniger tierische Produkte zu essen, machst du alles richtig.
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©pexels / Daria Shevtsova